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Ein Ja zum Mediengesetz ist ein Ja zur Medienvielfalt

Zur Transparenz gleich vorweg: Ich arbeite beim Deutschschweizer Medienunternehmen CH Media, das unter anderem die Aargauer Zeitung herausgibt und die TV-Sender TeleZüri oder 3+ betreibt. Es ist eines der Unternehmen, das mit dem neuen Mediengesetz zusätzliche Unterstützungsgelder erhalten würde.

Was ist mit der Medienbranche los?

Doch von vorne: Das Medienpaket möchte Medien stärker als bisher fördern. Grund dafür ist der Zustand der Branche: Die Zeitungen und Zeitschriften verdienten mit dem Verkauf von Inseraten im Jahr 2015 1’436 Millionen Schweizer Franken, in 2020 waren es gerade noch 727 Millionen Schweizer Franken (eine Halbierung!). Sie konnten zwar im Online-Bereich wachsen, aber nur in geringem Ausmass: Die Medien hatten in 2015 412 Millionen Schweizer Franken mit ihren Online-Produkten (u.a. Newssites) umgesetzt, in 2020 waren es 462 Millionen Schweizer Franken. Das Wachstum von 50 Millionen Schweizer Franken im Online-Bereich steht in keinem Verhältnis zum Verlust der über 700 Millionen Schweizer Franken im Print. Und die Entwicklung wird weitergehen: PWC prognostiziert bis 2024 einen weiteren Umsatzverlust von -6%. Und zwar jährlich!

Als Folge ist die Medienvielfalt gesunken

Die Konsequenz liegt auf der Hand: Die Medienunternehmen haben in den letzten Jahren Kosten gespart, um die sinkenden Umsätze auszugleichen. Das hat auch dazu geführt, dass sich Unternehmen zusammengeschlossen haben (wie zum Beispiel AZ Medien und NZZ Regionalmedien) oder früher eigenständige Titel sich an einem Grossen angeschlossen haben, weil sie alleine keine Überlebenschance mehr hatten (wie zum Beispiel die BaslerZeitung). Ergo führte das in den letzten Jahren zu weniger Medienvielfalt. Was sich in den letzten Jahren abgespielt hat, waren die Konsequenzen der freien Marktwirtschaft.

Und weshalb braucht es nun das Medienpaket?

Nun kann man das gut finden oder nicht. Ich selber bin als Grünliberaler ein Verfechter der freien (resp. der sozialen) Marktwirtschaft. “Der Markt regelt das!” Genauso bin ich aber der Meinung, dass – wenn der Markt es eben nicht regelt – der Staat korrigieren muss. So ist es zum Beispiel wichtig und richtig, dass das (staatliche) Postauto die unrentable Busstrecke ins Val Müstair betreiben muss. Oder dass die Bauern Direktzahlungen vom Staat erhalten, damit sie Schweizer Produkte herstellen können (die sich ansonsten nicht rechnen würden).

Seit der Medienbranche die Werbegelder abhanden gekommen sind, ist es also Zeit, auch hier “Der Markt regelt das!” zu hinterfragen. Denn Medien sind für eine Demokratie unabdingbar. Sie schauen den Mächtigen auf die Finger. Sie sorgen dafür, dass die unterschiedlichen Meinungen aufgezeigt werden. Sie liefern Fakten anstelle von Fake News. Sie sind die vierte Gewalt.

Umso wichtiger dabei ist die Medienvielfalt. Dass also viele unabhängige Medien diese Wächterfunktion wahrnehmen. Das belebt die Demokratie umso mehr.

Doch in den letzten Jahren sind die Medienunternehmen wirtschaftlich unter Druck geraten und die Medienvielfalt (also der seriösen Medien) hat rapide abgenommen. Genau deshalb braucht es das Medienpaket.

Was beinhaltet das Medienpaket?

Quelle: UVEK

Das Medienpaket möchte bereits bestehende Unterstützungsgelder erhöhen und neue einführen, befristet während 7 Jahren. Das sind:

  • Unterstützung bei der Zustellung abonnierter Zeitungen und Verbandspresse: von 50 auf 80 Millionen Schweizer Franken
    • Unterstützung bei der Frühzustellung: neu 40 Millionen Schweizer Franken
    • Unterstützung von Online-Medien: neu 30 Millionen Schweizer Franken

Zudem sollen durch die Radio und Fernseh-Gebühren (“Serafe-Gebühren”), die wir jährlich bezahlen, folgende Beträge “verschoben” werden (d.h. wir bezahlen zukünftig nicht mehr Serafe):

  • Unterstützung der Lokalradios und Regional-TV-Sender: von 81 auf neu max. 109 Millionen Schweizer Franken
    • Unterstützung von Zusatzmassnahmen (wie zum Beispiel Ausbildung von Journalist:innen): von 5 auf neu max. 28 Millionen Schweizer Franken

Insgesamt reden wir also von maximal 151 Millionen Schweizer Franken, mit denen die Medien zusätzlich gefördert werden.

Die Mär um die “Grossen”

Der Abstimmungskampf läuft auf Hochtouren. Dabei wird immer wieder die gleiche Mär kolportiert: “Es profitieren nur die Grossen!”. Also Medienhäuser wie TX Group, CH Media oder Ringier.

Erstens: Es stimmt nicht. Schon heute fliessen 80% der Zustellungsermässigungen zu den “kleinen” Medientitel. Und das wird auch so bleiben. Zu recht sagt Simonetta Sommaruga in einem Interview: “Die Vorlage wurde in erster Linie für die lokalen und regionalen Medien ausgearbeitet. Sie profitieren auch am stärksten. Das ist schon heute so.”

Zweitens: Wäre das Medienpaket schon früher gekommen, gäbe es die Grossen gar nicht. Denn: Welche Zeitung schliesst sich schon freiwillig einem Grossen an, wenn es ja unabhängig überleben könnte? Dass es überhaupt Grosse gibt, ist der oben erklärten finanziellen Entwicklung der Medienverlage geschuldet.

Fazit

Wenn wir so weiter machen, wie bisher, dann wird die Medienvielfalt weiter abnehmen. Und die Demokratie darunter leiden.

Mit dem Medienpaket können wir sicherstellen, dass die Medienverlage in den nächsten 7 Jahren genug “Schnauf” haben, um sich zu digitalisieren und so weiterhin unabhängig über die Region und das Land zu berichten.

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Ehe für alle ist Realität!

Man kann es noch immer kaum glauben: Die Ehe für alle in der Schweiz ist Realität! Mit sagenhaften 64.1% hat die Schweizer Stimmbevölkerung die “Ehe für alle” angenommen (in Lenzburg waren es gar 72.8%!) – und so den rund 7-jährigen parlamentarischen Prozess abgeschlossen. 

Es freut mich sehr, dass eines unserer Kernanliegen endlich umgesetzt wird. Es ist ein grosser Schritt punkto Gesellschaftspolitik. Aber auch für uns Grünliberalen. 

Nächster Schritt soll aus meiner Sicht die Einführung einer “Ehe light” sein, ähnlich dem “PACS” (Pacte civil de solidarité) in Frankreich. Auch hier gibt es im Parlament bereits Vorstösse. Der Bundesrat hat einen Bericht dazu in Aussicht gestellt. Es bleibt also spannend in der Gesellschaftspolitik.